Das Harz des indischen Weihrauchbaums besitzt eine große Heilwirkung
Weihrauch als antikes und ayurvedisches Heilmittel
Das Harz des Weihrauchbaumes wird seit Jahrtausenden weltweit nicht nur als herausragendes Räuchermittel bei spirituellen und weltlichen Anlässen, sondern auch als Heilmittel verwendet. Der 4 bis 6 Meter hohe Baum oder Strauch wächst nur auf sehr kargen, trockenen Böden bestimmten Mineralgehalts und gehört zu den Balsambaumgewächsen. Diese sondern aromatische Balsame in speziellen Exkretgängen der Rinde ab. Durch Anritzen des Stammes und der Äste wird die Produktion des Balsames intensiv vermehrt, trocknet an der Sonne zu Harz und wird so geerntet.
Hauptanbaugebiete von Weihrauch waren und sind bis heute der Süden Arabiens, wo Boswellia sacra wächst, das Hinterland der ostafrikanischen Küste (Boswellia carteri) und schließlich Ost-Indien (Boswellia serrata).
Die jetzt vor allem in Deutschland wiederentdeckten Heilwirkungen eines ayurvedischen Weihrauchspezialextrakts beziehen sich auf die indische Stammpflanze (Boswellia serrata).
Heilanwendungen in der antiken Welt
Zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten sind durch die bekanntesten Ärzte verschiedener Zeitepochen überliefert. So wurde zerstampfter Weihrauch mit Honig in dem ältesten ägyptischen Schriftstück, dem Papyrus Ebers (16.Jh. v. Chr.), einem Handbuch für praktische Ärzte, als Heilmittel genannt. Dieses Rezept hat sich bis ins 20.Jahrhundert als Kaumittel für frischen Atem bei den Ägypterinnen erhalten. Im frühmittelalterlichen Persien (um 1100) setzten die Heilkundigen Olibanum gegen Sommersprossen, Pockennarben und Tollwut ein. Arabische Ärzte kannten über 80 Rezepte gegen Hautkrankheiten, wie Wundrose, verwendeten Weihrauch bei Schnupfen als Dampfanwendung oder verordneten ihn als Anti-Brechmittel und gegen übermäßigen Blutfluß. In China wurden mit Olibanumzubereitungen ebenfalls Hautkrankheiten, darunter die Lepra, behandelt.
Weihrauch bei Hippokrates
Hippokrates, Celsus, Galen oder Dioskurides waren in der griechisch-römischen Antike die maßgebenden Ärzte ihrer Zeit. Auch sie verwendeten Weihrauchharz und Rinde in allen Varianten: Als Salbenzubereitung gegen Brandwunden und Frostbeulen, bei Schuppenflechte oder Warzen oder als Pulver zum reinigen und desinfizieren von Wunden und zur Blutstillung. Spezielle Einläufe mit Weihrauchzubereitungen dienten gegen Verstopfung, Inhalationen mit dem Rauch besserten bei Bronchitis, Gurgelwasser half bei Mandelentzündung und Umschläge linderten Leibschmerzen. Innerlich angewendet trieb er – schenkt man den alten Berichten Glauben – Band- und Spulwürmer ab und stoppte Durchfall.
Übereinstimmende Heilanzeigen
Ungeachtet der ganz unterschiedlichen Zeitepochen und geographischen Entfernungen kamen die Ärzte zu bestimmten einheitlichen Heilanzeigen des Weihrauchs: Immer wieder genannt wurden die Blutstillung, katharrhalische Krankheiten, Bronchitis, Magen-Darmstörungen, Infektionskrankheiten, Verletzungen und die Gicht, mit der nach damaliger Terminologie auch andere rheumatische Krankheiten gemeint sein könnten, die mit Gelenkschwellungen machen. Einige dieser Anwendungen decken sich mit heutigen Beobachtungen. Es ist auffallend, daß der Weihrauch von diesen Ärzten auch für eine Vielzahl von gutartigen und bösartigen Tumorgeschwulsten als innerliches und äußerliches Heilmittel eingesetzt wurde.
Die Wirkmechanismen des Weihrauchs sind mittlerweile auch von der modernen Biochemie untersucht worden
Wiederentdeckung als Heilmittel heute
Mit Beginn des 20. Jahrhunderts verschwindet Weihrauch als Heilmittel fast völlig aus den Kräuterbüchern. Fast zeitgleich mit der umfassenden Neubelebung und weltweite Verbreitung des Ayurveda durch herausragende Experten und unter der Initiative und Führung von Maharishi Mahesh Yogi wird er nun als Heilmittel wiederentdeckt.
Seine Wiedergeburt beginnt etwa vor 15 Jahren, als Sallaki (H15) als ayurvedisches Mittel gegen rheumatische Krankheitbilder von Dr. med. Rainer Etzel in den Westen gebracht und seither wissenschaftlich intensiv erforscht wurde.
Biochemische Wirkmechanismen
Einige der biochemischen Wirkmechanismen sind inzwischen bekannt:
Die Boswelliasäuren von Sallaki hemmen selektiv und nicht-kompetitiv die 5-Lipoxygenase, ein Schlüsselenzym im Entzündungsgeschehen. Die 5-Lipoxygenase wandelt Arachidonsäure in die Entzündungsmediatoren Leukotriene um. Daraus wird verständlich, daß der ayurvedische Weihrauch-Spezialextrakt bei verschiedenen Erkrankungen am Patienten eine Wirksamkeit zeigt, denen eine vermehrte Leukotrienbiosynthese zugrunde liegt. Das sind vor allem entzündlich-rheumatischen Erkrankungen, Colitis ulcerosa und M.Crohn und die Gliatumoren Astrozytom und Glioblastom. Bei letzteren verringert das ayurvedische Mittel hochwirksam das peritumorale Hirnödem und wirkt bei einigen Patienten tumornekrotisierend. Ein möglicher biochemischer Angriffspunkt für letzteren Effekt ist die Topoisomerase I und II, die durch Boswelliasäuren gehemmt werden. Diese Enzyme sind an der genetischen Veränderung von Tumorzellen wesentlich beteiligt.
Weihrauch vermutlich bei weiteren Krankheiten wirksam
Eine Reihe anderer Krankheitsbilder wie Multiple Sklerose, Psoriasis, allergische Erkrankungen oder Morbus Alzheimer scheinen nach Einzelfallbeobachtungen ebenfalls auf das ayurvedische Präparat anzusprechen. Verläßliche klinische Studien liegen hier noch nicht vor. Zur Zeit wird im Verbund an mehreren Uni-Kliniken in Deutschland weiter über das ayurvedische Präparat geforscht.
Seine Wirksamkeit am Menschen scheint wesentlich von der besonderen ayurvedischen Herstellungsweise abzuhängen. Sallaki ist auch in dem MA Präparat 930 (Fa. MAPI, Neu Delhi, Indien), das gegen rheumatische Krankheiten indiziert ist, enthalten.
Weihrauch in den alten Texten des Ayurveda
Die Rinde und das Harz von Boswellia serrata als Heilmittel werden in einem der ältesten Textsammlungen der Literatur aus Indiens Naturheilkunde, der Charaka-Samhita (vermutlich 7. Jahrhundert v. Chr.), nur kurz erwähnt.
Eine Erklärung liegt darin, dass ärztliches Wissen in der Frühphase der vedischen Zeit in sehr enger Anbindung an einen ärztlichen Lehrer zunächst nur mündlich weitergegeben wurde. Die vedischen Texte selbst erläutern, dass der Ayurveda mit seinen verschiedenen Zweigen und Heilanwendungen als gegenwärtiges Wissen im eigenen Bewusstsein erkannt, also geschaut wurde. Erst nachdem die Ärzte diese Fähigkeit zur Innenschau allmählich verloren hätten, sei es notwendig geworden, das Wissen von Kräutern und anderen Heilmitteln aufzuschreiben. Die vedische und die ayurvedische Literatur entwickelte sich daher erst nach und nach, entsprechend den Bedürfnissen der jeweiligen Zeit und mitunter über große Zeiträume.
Konkretere Hinweise auf Heilwirkungen des indischen Weihrauchs werden deshalb auch wiederum in einem viel späteren, aber sehr renommierten Werk, dem Bhava Prakash, ausgedrückt. Es wurde ca. 1500 n. Chr. geschrieben. Sein Autor war vor allem dadurch bekannt geworden, daß er die Syphilis beschrieben und erfolgreich behandelt hatte. Sie war von den Portugiesen nach Indien eingeschleppt worden.
Verdichtete Information in den ayurvedischen Texten
Die ayurvedischen Texte sind in Sanskrit verfasst und daher sehr gesetzmäßig aufgebaut und das mitgeteilte Wissen sehr komprimiert. Ihr Informationsgehalt ist verdichtet, vergleichbar der einer DNS, der genetischen Information einer Zelle. Sie enthält die gesamte Information sozusagen in Samenform. Nur durch die kompetente Übersetzung eines Fachmannes im Sanskrit und der ayurvedischen Medizin kann der gesamte Informationsgehalt der Sutren, der metrischen Verse, freigelegt werden. Freizulegen gilt es dann auch das gesamte Wirkspektrum und die volle Heilkraft der Pflanzenstoffe oder Mineralien.
So sind auch die zwei Sutren, die im Bhava Prakash den Weihrauch beschreiben, Schritt für Schritt zu entschlüsseln. Ein Wort hat dabei oft verschiedene Bedeutungen, die erst im Zusammenhang gedeutet werden können oder die verschiedenen Facetten einer Sache, in unserem Falle des Weihrauchs, beschreiben. Dazu ein Beispiel: Das Wort samudhirita in dem zweiten Vers der in Abbildung.. vorgestellten Textstelle hat die folgenden Bedeutungen: "anregend" (geistig und körperlich), "heraus, nach oben bringend" (Auswurf fördernd), "die Stimme stärkend" und schließlich "aufbauend" (körperlich und seelisch).
Eine weitere Möglichkeit, Information "rüberzubringen" liegt in der typischen Sprachform, in der die Texte verfasst sind, den Sutren. Als rhythmische Verse drücken sie nicht nur durch ihren Inhalt, sondern auch durch eine bestimmte Metrik und Klangstruktur die Eigenschaften des Gegenstands, den sie beschreiben aus.

Die Eigenschaften und Wirkungen von Sallaki, dem indischen Weihrauchbaum, in dem im 14. Jahrhundert verfaßten ayurvedischen Text Bhava prakasha Nighantu; Herausgeber: Pandita Vishvanathadvivedi Shastri, Motilal Banarsidas, Delhi 1977.S. 342. Übersetzung mit Unterstützung von Priv. Doz. Dr. habil. Martin Mittwede.
Eigenschaften und Wirkungen von Weihrauch nach dem ayurvedischen Sanskrittext Bhavaprakash
Sutra 22:
Sallaki ist Nahrung der Elefanten und der reichlich fließende, wohlduftende Nährsaft des Weihrauchbaumes. Dieser entlässt (produziert) sein Harz, reichlich fließend, einen (heil)kräftigen Saft.
Sutra 23:
Sallaki ist adstringent und kühlend und heilt schleimig-entzündlichen Durchfall (im erweiterten Sinne auch andere Entzündungskrankheiten der Schleimhäute wie Bronchitis, Arthritis oder Weißfluss, die mit einem Übermaß von pitta (Entzündung) und shlesma (Schleim, Ödem) einher gehen.
Sie heilt Blutungen (auch entzündliche Störungen des Blutes) und Wunden, regt an, bringt heraus und nach oben (fördert das Abhusten ), stärkt die Stimme und baut körperlich und seelisch auf.
Die gewählte Übersetzung gibt die grundlegenden und einfachen Informationen wieder, die im Text enthalten sind, kann aber in Verbindung mit medizinischem Wissen erweitert werden, wie an einigen Stellen in Klammern angedeutet. Sallaki, der gängige Name für Boswellia serrata, ist femininum.
Weitere Informationen finden Sie im Buch "Weihrauch" von Dr. med. Ernst Schrott, erschienen im Aurum-Verlag.
Text: Dr. med. Ernst Schrott